Schon mit seiner Hitler-Biografie von 1973 hat sich Joachim Fest als scharfer Analytiker und zugleich brillanter Schreiber erwiesen. In diesem Buch läuft der frühere Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung noch einmal zu alter Meisterschaft auf: Er verdichtet die Geschehnisse der letzten Wochen des Dritten Reiches zu einem eindrücklichen Leseerlebnis. In einer dramatisch zugespitzten Dokumentation schildert er das Entsetzliche, das Unwirkliche und zugleich seltsam Faszinierende des deutschen Untergangs 1945. Geradezu greifbar wird die Weltuntergangsstimmung, die in Berlin im Frühjahr 1945 herrschte. Das Dritte Reich taumelte seinem Ende entgegen und entfesselte trotzdem noch ungeahnte Vernichtungskräfte. Über Berlin ging der Bombenhagel der Alliierten nieder. In der Stadt herrschte das Chaos: Auf den Straßen Flüchtlinge, Tote und Verwundete; fanatische Nazi-Standgerichte versuchten mit willkürlichen Hinrichtungen für Ordnung zu sorgen, während 14-Jährige als letztes Aufgebot des Regimes im Volkssturm verheizt wurden. "Wir können untergehen", hatte Hitler Anfang 1945 erklärt. "Aber wir werden eine Welt mitnehmen." Das waren nicht nur pathetische Worte, wie Fest zeigt: Je näher das Ende rückte, desto größer wurde der "grenzenlose Destruktionswille" Hitlers. Noch im März 1945 erließ er den so genannten "Nero-Befehl", der den Alliierten in Deutschland nur verbrannte Erde hinterlassen sollte. Immer wieder konzentriert sich Fest auf die Geschehnisse im Führerbunker unter der Berliner Reichskanzlei. Hierher hatten sich Hitler und seine Getreuen zurückgezogen. Isoliert von der Wirklichkeit wechselte die Stimmung zwischen gesteigerten Vernichtungsfantasien und tiefer Depression. Hitler verfiel körperlich zusehends und raffte sich doch immer wieder zur alten Entschlossenheit auf -- bis er sich am 30. April 1945 im Bunker eine Kugel in die Schläfe schoss. Fests recht konservative Geschichtsinterpretation macht das Buch bisweilen einseitig -- und zugleich lesenswert wegen der Lust an der Kontroverse, die Fest spüren lässt. Und was der Autor als Aufgabe der Geschichtsschreibung bezeichnet -- "einen Ausschnitt gelebten Lebens zur Anschauung zu bringen" --, das ist ihm hier vorzüglich gelungen. --Christoph Peerenboom Quelle:
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