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Die Stadt verlassen

Die Stadt verlassen
Autor: Christine Angot
Verlag: Tropen
Gebundene Ausgabe
Auflage: 1.
Seiten: 192
ISBN-10: 3-932170-50-4
ISBN-13: 978-3-932170-50-8
ISBN: 3932170504
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Möglicherweise hätten Christine Angot und Martin Walser über einem Glas Rotwein einiges über ihre Bücher auszutauschen. Wenn es eine Parallele zwischen Angots Die Stadt verlassen und Walsers Tod eines Kritikers gibt, dann ist es das Motiv der Selbstverteidigung.

Mit einem großen Unterschied: Angot macht sich keine Mühe, ihre Rechtfertigung in die Form des Romans zu gießen. Die Stadt verlassen ist durch und durch autobiografisch, ein Erfahrungsbericht über das halbe Jahr, das auf das Erscheinen von Angots autobiografisch motiviertem Skandalroman Inzest in Frankreich (1999) folgt.

Es beginnt mit Platz fünf auf den Bestenlisten, es endet mit dem Entschluss, den Wohnort Montpellier zu verlassen, "denn dort verkleiden sie ihre Komplimente in Bananenschalen, man rutscht auf ihnen aus wie auf Hundescheiße". Sie, das sind die anderen, die Öffentlichkeit, die Kritiker, der Markt, auch die erfolgsgewinnlerischen Kollegen, die sich von ihr stellvertretende Kritikerrache wünschen.

Dabei kann Angot kaum unterstellt werden, es irgendwem recht machen zu wollen, geschweige denn die Leser nachträglich auf ihre Seite ziehen. Zu penetrant ist der Narzissmus in diesem an Kunstgriffen der Selbsterklärung gesättigten Buch; die fortlaufend eingestreuten Verkaufszahlen und die eitlen Reaktionen auf den nachlassenden Erfolg, Angots Größenwahn und manchmal paranoide Geltungssucht haben einen stark distanzierenden Effekt. Bisweilen nennt Angot die Leser von Inzest, deren Lob- und Schmähbriefe sie zitiert, einfach auch nur "Vollidioten".

Hinter dem Marketing- und Publikumsdrama, vor dem sich Angots "Höllenleben" nach Inzest abspielt, tritt gegen Ende das Familiendrama hervor. Überraschend und in seltsamem Kontrast zum Alltäglichen inszeniert sich Angot nun als listenreicher Odysseus und gegen die Gesetze des Vaters handelnde Königstochter Antigone. Kein gefälliges Buch also, ein anstrengendes eher. Angots atem- und gliederungsloser Erzählstil tut dazu ein Übriges. Aber Wahrheiten, und gerade die subjektiven, sind meistens unbequem. --Nikolaus Stemmer
Quelle:




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