Der israelische Militärhistoriker Martin van Creveld ist bekannt für seine klare historische Diagnostik. Deren Ergebnisse freilich sind für den unvorbereiteten Leser nicht selten eine einzige Provokation. Mit dem kühlen Gestus des Universalhistorikers wischt er, beinahe könnte man sagen rücksichtslos, überkommene Denkmuster beiseite. Gleichwohl oder gerade deswegen hat sein Wort in Fachkreisen und darüber hinaus erhebliches Gewicht. Der Professor an der Jerusalemer Hebrew-Universität ist viel gefragter Berater verschiedener Regierungen und in dieser Eigenschaft auch häufig Gast im Pentagon. Dort wird man sich in den vergangenen Wochen oft an seine Mahnungen erinnert haben, der Krieg in seiner bisherigen Form gehöre der Geschichte an und werde abgelöst von neuen Formen des bewaffneten Kampfes, denen zu begegnen es vollkommen neuer Strategien bedürfe. Die Rede ist vom organisierten Terror und den so genannten "Low Intensity Conflicts", deren Akteure nicht mehr eindeutig identifizierbare staatliche Armeen, sondern schwer fassbare Aktions-Netzwerke sind. Die Zukunft des Krieges ist zunächst eine universalgeschichtlich inspirierte Rückschau auf den Krieg (auch als einem anthropologisch relativ konstanten Phänomen) samt seiner taktischen, technischen und (völker-)rechtlichen Entwicklungsgeschichte. Entstanden ist das Werk Ende der 80er-Jahre, zu einer Zeit also, als die erst bevorstehenden grundstürzenden und grundlegenden Umwälzungen im Machtbereich der damaligen Sowjetunion in ihrer tatsächlichen Tragweite für die politische Weltordnung noch gar nicht absehbar waren. Und wo van Creveld aus der damaligen Perspektive die Zukunft ins Visier nahm, kann man heute über die Weitsicht des Autors bereits ein erstes Urteil fällen. Vieles von dem, was er vor nunmehr einem guten Jahrzehnt prognostizierte, ist heute bereits Realität. "Wenn sich die neuen Formen des bewaffneten Konflikts ausbreiten, verschwimmen die Grenzen zwischen Öffentlichem und Privatem, Regierung und Volk, Militärischem und Zivilem", eine Prognose, über die man gestern vielleicht noch mit den Schultern gezuckt hätte. Heute freilich wird kaum jemand darüber nicht kopfnickend erschaudern. Ein bemerkenswertes Buch, dass große Aufmerksamkeit verdient. --Andreas Vierecke Quelle:
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