Kein zweites Ereignis nach dem Krieg hat die Deutschen so bewegt und vermeintlich zusammengeschweiĂt wie der Fall der Mauer und die damit verbundene Wiedervereinigung. Auch wenn die 1990 erfolgte Selbstauflösung der DDR und die Integration der âfĂŒnf neuen BundeslĂ€nderâ manchem DDR-BĂŒrger von damals im nostalgischen RĂŒckblick als groĂer Fehler erscheint: Damals herrschte das groĂe âWirâ-GefĂŒhl, der Wunsch nach Freiheit (und nach Westmark) eindeutig vor. Auf beiden Seiten lagen sich die Menschen in den Armen, âOssisâ wurden von den âWessisâ noch ohne Vorurteile aufgenommen -- und umgekehrt. Der Fotograf Daniel Biskup, der schon durch wunderschöne und teils wunderschön nostalgische BĂŒcher wie Private Bilder, St. Petersburg oder Lourdes auf sich aufmerksam machte, hat die Wende-Zeit in seinen Bildern festgehalten. Der Titel seines Bandes und das Schwarz-WeiĂ eines Teils seiner Bilder klingt wie ein wohl gezielter Kontrapunkt auf die Euphorie: 1989/1990. âFotografische Impressionen auf dem Weg zur Deutschen Einheitâ nennt Biskup seinen Band im Untertitel. Da sieht man euphorische Frauen im Kohl-Jubel wie auf einem Rockkonzert, kindliche Freude beim Geldaustausch, ausgeschlachtete Plaste-und-Elaste-Autos und Menschen, die mit ihrem Trabbi ins âWunderlandâ des Gebrauchtwagenhandels fahren. Aber das Buch ist weitaus mehr. Denn niemand anderes als der âKanzler der Einheitâ Helmut Kohl hat den Begleittext geschrieben, der dem Leser die von vielen schon wieder leidlich vergessene Zeit auch auf textlicher Ebene wieder anschaulich vor Augen fĂŒhrt. Auf 144 Seiten und in etwa 130 Abbildungen zeigt Biskup auf, wie wir wurden, was wir sind -- und was wir auf dem Weg dorthin verloren haben. Als zeitgeschichtliches Dokument ebenso empfehlenswert wie als wundervoller Fotoband, der Welt- und Alltagsgeschichte gekonnt aneinander reiht. --Stefan Kellerer Quelle:
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