Edinburgh Ende des 19. Jahrhunderts: „In Stücke gerissen. Wie von einer Bestie.“ Kirchenrechtler Prof. Smeaton ist tot, weitere grauenerregende Morde geschehen, von „bestialischer Natur“, verübt mit „schier übermenschlicher Kraft“. Hat eine junge Frau, die neu in der Stadt ist, etwas damit zu tun? Verfügt sie über „die Macht des Teufels“? Evelyn Todd lebte zwei Jahrzehnte zuvor in einem Waisenhaus, wo ein Mann sich als vermeintlicher Vater ausgibt: „Er winkte sie heran ... schloss die Tür hinter ihnen und zwanzig Jahre später waren die Strassen der Stadt rot von Blut." Die junge Frau ist für die ermittelnde Polizei von besonderem Interesse: sie träumt Details und Abläufe der Morde. Glauben indes mag ihr lange niemand. „Ich fürchte, in mir schlummert eine schreckliche Hölle“. Parallel zur Polizei ermittelt ein Professor für Logik und Metaphysik gemeinsam mit einem Friedhofswärter. In einem Kapitel die einen, im nächsten die anderen. Es wird dem Leser leicht gemacht: schnell mausert sich der dicht, atmosphärisch und eng verwoben erzählte Roman zu einem bunten, Kaleidoskop artigen Film, in den man sofort eintaucht, schließt man zwischen den Kapiteln einmal die Augen. Die Erzählweise ist auffällig gleichmäßig und stetig, ohne Ausbrüche oder Exkurse, die vom Thema ablenken. Die sich steigernde Spannung resultiert aus der gradlinigen, aus zwei Perspektiven erzählten Geschichte. Wie zwei Flußarme, die irgendwann einmal in einen gemeinsamen Strom münden, laufen die Ermittlungen dem Höhepunkt, der Auflösung, dem Ende entgegen. Durchatmen. Es ist vorbei. Der junge Anthony O’Neill lebt in Australien, viel hat man bisher nicht von ihm gehört, mit diesem, seinem ersten Roman glückte ihm denn gleich eine beeindruckende Visitenkarte. Vieles hat er geschickt unter einen Hut gebracht, ganz verschiedene Ebenen als Gerüst gewählt: das Zeitkolorit des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die sozialen, religiösen und philosophischen Strömungen und Umbrüche. So ist der historische Roman gleichzeitig ein Thriller, die Erzählung über Satan und Hexerei gleichzeitig ein Sitten-, Glaubens- und Gesellschaftsbild damaliger Zeit. „Sie haben sie ihrer Persönlichkeit beraubt und ihr Bewußtsein auf grauenhafte Weise verstümmelt." Freud hätte seine Freude an dem Roman gehabt! --Barbara Wegmann Quelle:
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