Sie navigierten soeben in einem Medium, das allgemein als das umfassendste in der Geschichte der Menschheit gilt, und sind (mehr oder weniger zielstrebig) bei dieser Kurzbeschreibung eines neuerschienenen Foucault-Readers gelandet. Willkommen! Das wäre nicht so bemerkenswert, wenn Foucaults methodischer Leitfaden selbst nicht so treffend als ein Zurechtfinden in den Wissensbeständen der Menschheit beschrieben wäre. Freilich starb der große Navigator Foucault zu früh, um die rasante Entwicklung des Internet mitzuerleben. Immerhin aber forderte der maskierte Philosph in einem berühmtgewordenen Interview von 1980, das auch in diesem Reader nicht fehlt, anonym einen Strukturwandel der Medienlandschaft, der sich durchaus als Vorwegnahme der elektronischen Weltnetz-Technologie lesen läßt: Woran leidet man? Am Zuwenig: ungenügende, quasi-monopolisierte, kurze, enge Kanäle. Es geht nicht darum, eine protektionistische Haltung anzunehmen, um zu verhindern, daß die schlechte Information durchkommt und die gute erstickt. Man müßte eher die Hin- und Her-Wege und Möglichkeiten vermehren. Was ist heute besser, 15 Jahre nach Foucaults Tod und gerade mal am Beginn einer technologischen Revolution? Was hat die Vervielfachung der Hin- und Her-Wege gebracht? Wie steht es in dem so oft als demokratisch gepriesenen Medium Internet mit der Allianz von Macht und (Medien-)Technologie, auf die Foucault vor allem in seinem Spätwerk so sehr hingewiesen hat? Sind die Internet-Suchmaschinen Diskursverknapper, wie Herausgeber Jan Engelmann im Nachwort schreibt? Dieser Reader schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen bietet er eine kluge Auswahl von (teilweise im Deutschen bisher unveröffentlichten) Texten, anhand derer sich das Haltbarkeitsdatum eines Denksystems überprüfen läßt. Zum anderen ist er eine grundsolide Einführung für Foucault-Anfänger, die sich mit den zentralen Aspekten von Macht, Disziplinierung, Körperlichkeit und dem Begriff des Diskurses vertraut machen wollen. --Nikolaus Stemmer Quelle:
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