Die Fotografie eines Hauses in der österreichischen Kleinstadt H. war immer Miras liebstes Andenken an die ehemalige Heimat geblieben. Es war das Haus gewesen, in dem sie mit der ganzen Familie gewohnt hatte, bevor sie mit ihrem Mann und den drei Söhnen 1938 nach New York aufbrach. Das Bild erinnerte Mira, die in den USA einen schleichenden sozialen Abstieg hinnehmen musste, stets an bessere Zeiten. Es erinnerte sie aber auch an ihren Vater und ihre Schwester, die sich nicht zur Flucht entschließen konnten und die Nazizeit nicht überlebt hatten. Nachdem Miras Lieblingssohn Max den amerikanischen Traum verwirklicht und eine große Karriere als Restaurator gemacht hatte, kehrt er nach H. zurück, um die Heimat seiner bereits verstorbenen Mutter zurückzufordern. Dabei werden ihm viele Steine in den Weg gelegt. Max lernt die kleine jüdische Gemeinde kennen, und wie er sind viele Menschen in H. auf der Suche nach Heimat. Die oberösterreichische Schriftstellerin Anna Mitgutsch (Jg. 1948, Abschied von Jerusalem) weiß in ihrem neuen Roman Haus der Kindheit durch ihre ebenso klare und federleichte wie unprätentiöse Sprache zu überzeugen. Der Ton macht eben die Musik: Er hält das Buch von Betroffenheits-Kitsch fern und lässt die Figuren und ihre Schicksale lebendig erscheinen. Wer das Buch einmal zur Hand, nimmt legt es nicht wieder zur Seite. --Sebastian Fasthuber Quelle:
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