Mit Auszeichnungen für seine Helden ist Lemony Snicket nicht gerade zimperlich. Wenn man zum Beispiel den Baudelaire-Waisen einen Pokal verleihen müsste, hieß es in seinem Roman Die unheimliche Mühle, dem vierten Band der Reihe betrüblicher Ereignisse, dann müsste es unbedingt „der Erste Preis für Pechvögel“ sein. Denn seit dem schrecklichen Feuerstod ihrer Eltern haben die Geschwister Violet, Klaus und Sunny Baudelaire nur noch ein einziges, ihnen von den grausamen Umständen des schrecklichen Schicksals aufgezwungenes Ziel: Dem Unglück in Gestalt ihres Oheims Graf Olaf davonzulaufen, der ihnen mit allen Tricks und in allen nur erdenklichen Verkleidungen ihr mächtiges Erbe abzuluchsen trachtet -- und dabei selbst vor so schrecklichen Verbrechen wie „Entführung, Mord, scheußliche Telefonanrufe, Verkleidungen, Gift, Hypnose und grauenhaftes Essen“ nicht zurückschreckt. Als Gegenspieler hat ihnen eben jenes schreckliche Schicksal in Mr. Poe einen Vormund zur Seite gestellt, der sich von einem Blatt Papier vielleicht nur dadurch unterscheidet, dass ein Blatt Papier effektiver für die Waisen sorgen könnte… In Die Schule des Schreckens hat das Schicksal die Baudelaire-Waisen in die Prufrock Privatschule verschlagen, und da treffen die drei armen Kleinen gleich zu Beginn auf Carmelita Späts. „Wollte man der abscheulichsten Person auf Erden eine Goldmedaille überreichen“, heißt es von dieser Unsympathin, „so käme dafür nur Carmelita Späts in Frage. „Gäbe man sie ihr nicht, so wäre Carmelita Späts genau die Sorte Mensch, die einem die Medaille sowieso aus der Hand reisst. Und gäbe es eine Auszeichnung für katastrophischen Humor, so müsste man sie natürlich Lemony Snicket überreichen. Denn der skurrile Kult-Autor hat seine ihm ausgelieferten Figuren auch in Die Schule des Schreckens wieder in derart haarsträubend tragikomische Abenteuer verwickelt, in denen natürlich auch Graf Olaf -- unter anderem als Turnlehrer Dschingis -- eine Rolle spielt, dass man nach ihrem Ende die Lektüre des nächsten Bandes, Die dunkle Allee, kaum mehr erwarten kann. Ab zehn Jahre. -- Stefan Kellerer Quelle:
|