Alfred Hitchcock hat uns in Filmen wie Vertigo oder North by Northwest gelehrt, wie Menschen völlig unverschuldet, manchmal nur durch einen kleinen Zufall oder auch durch abgründige Intrigen in bitterböse und lebensgefährliche Abenteuer geraten können. Eine Geschichte dieser Art erzählt uns nun auch Michael Connelly in Unbekannt verzogen. Als der Geschäftsmann Henry Pierce nach der Trennung von seiner Freundin in eine neue Wohnung in Santa Monica/Kalifornien zieht, ahnt er noch nicht, in welche Probleme ihn sein neuer Telefonanschluss stürzen wird. Denn vom ersten Tag an erhält er recht seltsame Anrufe von verschiedenen Männern, die nach einer Frau namens “Lilly” verlangen. Schnell wird Henry klar, dass es sich bei “Lilly” um ein Callgirl handeln muss. Allerdings treibt ihn nicht nur reine Neugierde an, als er dann über die junge Frau, die offenbar spurlos verschwunden ist, Ermittlungen anstellt. Eigentlich hat Pierce als Biochemiker und hoffnungsvoller Unternehmer, der mit seinen Forschungen zu einem Computerchip auf Molekularbasis kurz vor einem revolutionären Durchbruch steht, keine Zeit für solche Geschichten. Doch spätestens als er Billy Wentz in die Quere kommt -- einem Zuhälter in großem Maßstab, der über das Internet schmutzige Pornogeschäfte betreibt --, bringt ihn seine Neugier nicht nur in persönliche Schwierigkeiten, sondern gerät die Geschichte zu einer Sache von Leben und Tod. Michael Connelly ist ein exzellenter Erzähler, der weit davon entfernt ist, seine Thriller nach Schema F zu stricken. Dennoch ist Unbekannt verzogen ein Kriminalroman eher klassischen Zuschnitts, der dem Leser in vielen Momenten ein déjá-vu bescheren wird. Gleichzeitig schlägt Connelly einen für ihn ungewöhnlich hintergründigen Erzählton an, mit dem sich vielleicht gerade seine Fans erst anfreunden müssen. Bleibt also nur, sich selbst zu entscheiden, ob einem eine solche Geschichte gefällt: Jemand will dir etwas Böses, ohne dass du auch nur einen Deut davon ahnst. Er verstrickt dich in eine Geschichte, die mit deiner Vergangenheit zu tun hat. Und nur deine blöde Neugierde hat dich in diese Geschichte hineingeritten. Bald verstrickst du dich in Lügen. Die Sache wird bitter ernst, und du hast immer noch keine Ahnung, was da abläuft. Als bestimmte Dinge Dich irgendwann stutzig machen, ist es bereits zu spät ... Fazit: Nicht unbedingt Connelly wie gewohnt, aber durchaus lesenswert. --Christian Koch Quelle:
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