Um es ohne Umschweife auf den Punkt zu bringen: Endlich mal einer, der sich dem süßen Brei der allgemeinen tagespublizistischen Sprachhülsen nicht nur verweigert, sondern zugleich am eigenen Beispiel zeigt, was klare Sprache vermag. Nach Wir sind kein Volk ist Wolfgang Herles mit Dann wählt mal schön abermals eine bitterböse Polemik gelungen, die schonungslos auf den Punkt bringt, wo die wirklichen Ursachen für unser fortwährendes politisches Missempfinden liegen. Während andere noch schnell versuchen herauszustellen, vor welchen Alternativen wir bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 denn eigentlich stehen, zeigt Herles, dass wir tatsächlich zwar alle unser Kreuzchen machen können, wo wir wollen und es uns natürlich unbenommen ist, damit irgend welche Hoffnungen zu verbinden. Allein: So einfach, dass vielleicht ein neuer Besen besser kehren könnte, ist die Chose leider nicht: "So wie die Lage ist, sind alle Parteien und Kandidaten hoffnungslos überfordert. Und: Eine echte Wahl zwischen wirklichen Alternativen gibt es nicht." Dann wählt mal schön ist ein erfrischendes Bekenntnis gegen den Populismus, der uns tagtäglich die Sinne verkleistert und mit dem wir uns, wenn wir ihn noch lange dulden, tatsächlich "unsere Demokratie ruinieren". Bei aller Polemik in der Sache überzeugend ruft Herles uns ins Bewusstsein, dass nicht nur bei so genannten Sachthemen echte Reformen überfällig sind, sondern auch hinsichtlich der Strukturen unseres politischen Systems, namentlich des Föderalismus. Auch wenn diese Forderung nicht wirklich neu sein mag, ebenso wenig, wie die nach einer anderen Rekrutierungskultur unseres politischen Personals: So frei von falscher Rücksichtsnahme und so herrlich süffisant (und bei allem Ernst deshalb auch noch unterhaltsam) hat selten jemand vorgetragen, woran es bei uns wirklich hapert. -- Andreas Vierecke Quelle:
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