Manche historische Ereignisse lassen sich ganz einfach nicht beschreiben -- der Holocaust gehört dazu. Aus diesem Grund, während er langsam zur Vergangenheit wird und die Leute, die Zeugnis darüber ablegen können, nach und nach sterben, wird es immer wichtiger, daß mit immer neuen Mitteln versucht wird, das Unbeschreibliche zu beschreiben. So betrachtet, ist Art Spiegelmans Maus eine großartige Leistung, vom historischen wie auch vom künstlerischen Standpunkt her betrachtet. Spiegelman, ein unerschütterlicher Anhänger der U-Comics-Szene der sechziger und siebziger Jahre, befragte seinen Vater Vladek, einen Überlebenden des Holocaust, der in der Nähe von New York lebt, zu seinen Erlebnissen. Der Künstler setzte dann die Geschichte geschickt in einen Bildroman um. Indem er eine wahre Geschichte des Holocaust in Comicform präsentiert -- die Juden werden als Mäuse dargestellt, die Deutschen als Katzen, die Polen als Schweine, die Franzosen als Frösche und die Amerikaner als Hunde --, zwingt Spiegelman den Leser, sich die Vorgänge bildlich vorzustellen und die Lücken, vor denen man sich so oft scheut, auszufüllen. Wer Maus liest, wird gezwungen, den Holocaust neu zu betrachten. Dies ist weder einfach noch angenehm. Vladek Spiegelman und seine Frau Anna sind allerdings ausdauernde Helden, und oft genug passieren auch Akte der Güte und der Anständigkeit in dieser Geschichte, die einen weiterlesen lassen (wir wissen auch, daß die Protagonisten überleben, sonst wäre das Lesen zu schmerzlich). Dieser erste Band macht uns mit Vladek als ehrgeizigen jungen Mann im Vorkriegs-Polen bekannt. Während die Ereignisse jenseits der Grenze immer bedrohlicher werden, werden wir Zeugen seiner Heirat mit Anna, seines Eintritts in die polnische Armee nach dem Ausbruch von feindseligen Auseinandersetzungen, des Lebens des Ehepaares im Ghetto und schließlich ihres Untertauchens als die "Endlösung" ihren Verlauf nimmt. Das Ende ist schlimm und schrecklich, aber das Schlimmste steht noch bevor -- im zweiten Band dieses Pulitzer-Preis-Gewinners. --Michael Gerber Quelle:
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