Rainald Goetz, der inzwischen nicht mehr ganz so junge Stirnschlitzer von Klagenfurt, ist mit einem Buch angetreten, das den Techno-Sound, die Dj-Kultur, das Leben am Rauschtropf im Titel trĂ€gt. Es geht um "ExzeĂ. Saufen, Sex, Gewalt und natĂŒrlich um alle Arten von Drogen und Drogenkaputtheit. Das absolut aller Kaputteste freilich, die "Totalverblödung" schlechthin, lĂ€Ăt uns der ErzĂ€hler wissen, das ist die "generelle Abstinenz" und alle anderen Formen von risikolosem Langweilertum. Also Insider. Insider feiern mit Insidern, an der TĂŒr zum Club "heute wieder groĂes Redakteure-, Werber-, Fotografen und Studenten-Bashing!". DrauĂen bleiben mĂŒssen, obwohl sie ĂŒberall mit ihren Kameras und Mikrofonen dazwischenstolpern, die ignoranten Pressemenschen, die ĂŒbers "Abfeiern, AufreiĂen, Ausrasten" ein Filmchen drehen, einen "Textcheftext" schreiben wollen. Was macht also der Rainald, wenn er nicht gerade snifft oder kifft oder tanzt? Er notiert die "gleichzeitig mitlaufendenden Reflexionen" zu einer "Theorie der Kritik". Er schimpft auf die intellektuelle AnmaĂung, das Techno-PhĂ€nomen der 90er zu erklĂ€ren. Das Grundproblem sei doch, "daĂ man sich fĂŒr manche PhĂ€nomene der populĂ€ren Kultur einfach nur aufgrund der eigenen Klassenzugehörigkeit, als zunĂ€chstmal NICHT zustĂ€ndig zu qualifizieren hat, und damit eigentlich auch als UNFĂHIG, sie zu erkennen, zu verstehen, und zu bewerten". Kritiker haben es also denkbar einfach (und die meisten haben in diese Kerbe gehauen!), das Buch als arrogante Predigt zu lesen. Ja und Nein. Ăber das ganze elitĂ€re Getue hinweg faszinieren die prĂ€zisen Situationen, die Goetz mit seinem ErzĂ€hlstakkato schafft: ansetzen, absetzen, nĂ€chste Rille. Das ist ein Buch, das lieber Musik wĂ€re, von einem Autoren mit einer "Art Ahnung von Sound in mir, ein KörpergefĂŒhl, das die Schrift treffen mĂŒĂte". Und dann gibt es da noch sieben thrillermĂ€Ăig spannende Seiten, eine Situationsbeschreibung der Arbeit des DJ vor Publikum, eine Mikrotheorie dieser "Augenblicklichkeitskunst", die jeden Moment von ĂŒbelschmeckender AttitĂŒde in diesem Buch vergoldet.-- Nikolaus Stemmer Quelle:
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