In der gebundenen Erstausgabe endet das informative Buch mit Gerhard Schröders Nominierung zum Kanzlerkandidaten im März 1998. Für die aktuelle Taschenbuchausgabe von 2002 mit langer Fotostrecke hat der renommierte Redakteur Martin E. Süskind eine 40-seitige Bilanz der ersten vier Regierungsjahre erarbeitet. Der Aufstieg vom Porzellanwarenverkäufer zum charismatischen Chef der deutschen Politik und Liebling der Nation und ihrer Medien wird auf etwa 200 Seiten mit wohlwollender Feder leicht lesbar nachgezeichnet: Halbwaise, ärmliche, bildungsferne Familienverhältnisse, Zwergschule, orientierungsloser Ladenschwengel, zweiter Bildungsweg, Jurastudium, Juso-Chef mit Ideologieschwäche, SPD-MdB, SPD-Landesvorsitzender, bald industrienaher Ministerpräsident in Niedersachsen -- der Genosse der Bosse war geboren. Man durchlebt noch einmal das durch Schröder endgültig beendete Führungsgehampel an der SPD-Spitze nach Helmut Schmidts Abwahl, ebenso die Dramen der allesamt gegen Kohl gescheiterten Kanzlerkandidaten Rau, Lafontaine und Scharping. Wie direkt der Yellow Press entnommen lesen sich die Passagen über den Vielhochzeiter Schröder samt dazugehöriger Rosenkriege: Eva, Anne, Hillu und Doris heißen seine Lebensabschnittsbegleiterinnen. Gut gelungen sind die Passagen, in denen der offen zur Schau getragene Machthunger und die hoch entwickelte Kunst der Selbstdarstellung nachgezeichnet werden. Dabei ist Schröder immer dem Prinzip treu geblieben, nicht gegen die Interessen der Massen zu regieren. Heute ist der instinktsichere Mann einer der letzten Straßenpolitiker, aber hat -- wie alle Mächtigen -- nur wenige wahre Freunde. --Friedrich Geiss und Herwig Slezak Quelle:
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