Wer erinnert sich nicht an das Hickhack? Soll man? Darf man? Der Bundestag beriet, verwarf wieder. Kunstexperten traten auf den Plan, Bedenkenträger meckerten. Am Ende stand die Frage, wer soll das bezahlen? Nach Jahren wurde ihnen ihr Wunsch schließlich erfüllt. Über die Vorarbeiten berichteten die Medien fast täglich. Als das Werk am 24. Juni 1995 schließlich vollendet war, verstummte schlagartig das Geheul der Hinterbänkler und Verhinderer. Was sich hier, im neuen Zentrum Berlins, der staunenden Menge präsentierte, war zum Niederknien schön, regelrechte Pilgerfahrten wurden an diesen magischen Ort durchgeführt. Die Menschen waren hingerissen von der überirdischen Schönheit des silbrig schimmernden Monstrums. Hatte man die beiden Künstler zuvor milde belächelt, so ließ ihr neues Werk in seiner Klarheit und Wahrhaftigkeit fast erschauern. Christo und Jeanne-Claude hatten das Reichstagsgebäude verhüllt! Was ihn einst veranlasste, Gegenstände zu verhüllen, kann Christo selbst heute noch nicht sagen. War es die kleine leere Farbdose, die er 1958 in harzgetränkte Leinwand einwickelte und mit dieser instinktiven Geste aus dem Alltagsgegenstand etwas Mysteriöses schuf, etwas, das der Realität entzogen in eine Scheinwirklichkeit konvertierte? War es die Errichtung der potemkinschen Dörfer entlang der Bahnstrecke des Orientexpresses, ein irrwitziger Auftrag der bulgarischen Regierung, um ausländischen Zugreisenden Wohlstand vorzugaukeln? Burt Chernow, Professor für Kunstgeschichte und Freund der Christos, gelangen wunderschöne Innenansichten dieser beiden Liebenden und Verliebten, die bei der Realisierung ihrer gigantischen Verhüllungsprojekte zum ideal harmonisierenden Künstlerpaar zusammenwuchsen. Ein farbiger Bildteil streift noch einmal die beeindruckenden Stätten ihres Wirkens, die "Verhüllte Küste" in Australien, den "Laufenden Zaun" von Sonoma, den edel eingekleideten Pont Neuf. Dem langjährigen Fotografen der Christos, Wolfgang Volz, oblag die traurige Aufgabe, dieses Buch zu vollenden, da Chernow kurz vor dessen Fertigstellung einem Herzschlag erlag. Beiden Männern gebührt Dank für diese herrliche Hommage an zwei Visionäre. --Ravi Unger Quelle:
|