Irgendwo in der schwedischen Provinz um die Mitte der 60er Jahre: Johnny Bergman fährt übers Land und betreibt in verschiedenen Cafés eine Reihe von Musikboxen. Johnny macht seinen Job schon seit mehr als zehn Jahren und ist allen Leuten nur als der “Jukebox-Mann” bekannt. Freunde hat er nur wenige, und sein ganzes Glück sind sein kleiner Lieferwagen und seine Jukeboxen, die so wohlklingende Namen wie Wurlitzer, Seeburg oder Jensen tragen. Doch mit den beginnenden “roaring sixties” muss Johnny schmerzhaft erfahren, wie sich Zeiten und Menschen ändern. Kaum jemand hört noch Elvis und den amerikanischen Rock `n´ Roll, mit dem seine Jukeboxen früher heißgelaufen sind und mit dem er groß geworden ist. Die Leute haben nun eigene Fernseher und Plattenspieler und bleiben offenbar lieber zu Hause. Mit diesen tief greifenden Veränderungen gerät Johnny in eine schwere Identitätskrise. Dabei holen ihn auch die bitteren Erinnerungen an seine Jugend als Pflegekind ein, als sich sein Bruder Seved sang- und klanglos aus dem Staub gemacht hat und er selber als Ausreißer mit einem Wanderzirkus durchs Land getingelt ist. Inzwischen sind seine einzigen Freunde der Säufer Eskil, der als minderbegabter Barbier sein Leben fristet, und die Kellnerin Elisabeth, die zusammen mit ihrem 10jährigen Sohn Lennart von ihrem Mann sitzen gelassen wurde ... Auf den ersten Blick ist Der Jukebox-Mann eher eine schlichte Verlierergeschichte, angefüllt mit viel Nostalgie, Sehnsucht und starken Gefühlen. Edwardson räumt der Beschreibung dieses lähmenden Zeitgefühls buchstäblich sehr viel Platz ein. Über viele Seiten sind die Jukeboxen und ihre Musik die Hauptdarsteller des Romans, wird ihnen somit in einer detailreichen Erzählung ein kleines Denkmal gesetzt. Genauer betrachtet ist Der Jukebox-Mann jedoch eine vieldeutige Beziehungsgeschichte. Johnny ist ein einsamer Mann, der sich von seiner Illusion von Freiheit und Unabhängigkeit verabschieden musste. Erst nach langem Hin und Her findet er auf diesem schmerzhaften Weg wieder zu sich selbst und seinen wirklichen Freunden. Fans von Åke Edwardson, die sich von dem schwedischen Erfolgsschriftsteller einen neuen Krimi erwartet haben, könnten von dem weitgehend spannungsfreien Buch ziemlich enttäuscht werden. Dennoch verdient Edwardsons Versuch, sich erneut -- vergleiche Der letzte Abend der Saison -- außerhalb der Krimigenres zu versuchen, Beachtung. Die Geschichte um seinen “Jukebox-Hero” überzeugt, weil er nicht nur einen nostalgischen Roadmovie abliefert, sondern feinfühlig von dem Untergang einer prickelnden Musikära erzählt, die bereits jetzt weitgehend in Vergessenheit geraten ist. --Christian Koch Quelle:
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