"Die Autorin hat in den letzten Jahren erstmals Freuds Handschriften erforscht.Bei diesem Studium waren ihr bestimmte Merkwürdigkeiten der Manuskriptüberlieferungvon Der Mann Moses und die monotheistische Religionaufgefallen; auch derDrucktext des Spätwerks zeigt eine seltsame Brüchigkeit. In ihrem fesselndgeschriebenen Essay interpretiert Ilse Grubrich-Simitis die Moses-Studieals Tagtraum, als wunscherfüllendes Phantasieren. Das Buch sei aus einerschweren, durch die Nazi-Verfolgung ausgelösten inneren Krise hervorgegangen.Die Erfahrung hilfloser Abhängigkeit und tödlicher Bedrohung habe an eigenefrühinfantile Traumatisierungen gerührt und ein regressives Geschehen inGang gesetzt. Im Verlauf dieser späten Verstörung, die Freud selbstanalytischund dank der rettenden Emigration zu bewältigen vermochte, habe er erstmalstiefe Einblicke in archaische Abwehrformen, insbesondere die Spaltung,gewonnen. An Dramatik sei dieser selbstkurative Vorgang mit der psychischenKrise des jungen Freud vergleichbar, die einst Ende des vergangenen Jahrhundertsden Beginn der Selbstanalyse provozierte und die Entdeckung des Unbewußtenbeschleunigte. Im Alter vollzog sich diese Arbeit im Dialog mit den Dichtern,mit Thomas Mann und Arnold Zweig. Sie führte Freud zu einer ihm aus derKindheit vertrauten Vertiefung in die Tora." Quelle:
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