Der Sommer ist beinahe vorĂŒber, die geplante Biografie noch immer ungeschrieben -- und Johanna, in ihrem Sommerhaus, befindet sich inmitten einer EndmorĂ€nen-Landschaft und fern ihrer Wohnung in Berlin. Sie wartet. Wartet quĂ€lend, auf was auch immer. FrĂŒher, als sie das Ende des Sommers noch als Verlust empfunden hat, schrieb Johanna Vorworte und Nachworte. In diesen hat sie geheime Botschaften an der Zensur vorbei geschmuggelt -- bis das "Wunder" (die Wende) dieses Talent völlig unnötig machte. Johanna aber, weil sie vor lauter Freude und Lachen vergessen hat, sich zu diesem gĂŒnstigen Zeitpunkt (wie so viele andere) eine neue Biografie zu erfinden, leidet unter dem GefĂŒhl lĂ€hmender GleichgĂŒltigkeit: sie hat der Welt nichts mehr mitzuteilen und harrt dem Ende des Tages, des Sommers und schlieĂlich des Lebens scheinbar in Gleichmut entgegen. Aber auch die LebensentwĂŒrfe ihrer Freunde sind leise gescheitert -- und ebenso warten diese, warten, auf was auch immer und in Geduld. Monika Maron, die Zeremonienmeisterin im Ausloten von WidersprĂŒchlichkeiten des DDR-Alltags, knĂŒpft in ihrem neuesten Roman an ihre frĂŒhen Werke wie Flugasche oder Die ĂberlĂ€uferin an. Wo sich zuletzt in Animal Triste die greise Heldin in ihrer bedingungslosen Liebe scheinbar aus Zeit und Geschichte entfernt hat, reflektiert Johanna in EndmorĂ€nen ihre gegenwĂ€rtige Situation gerade vor dem Hintergrund ihrer gebrochenen Biografie: Sie leide, so ihr Mann Achim, unter "einer geistigen Deformation ... als Folge erzwungener defensiver Denkgewohnheiten". Und so schleppt sich Johannas Versuch, eine Biografie ohne geheime Botschaften zu schreiben, quĂ€lend und langsam dahin -- sie hat keine Sprache fĂŒr ihre gegenwĂ€rtige Wirklichkeit und jedes Handeln erscheint ihr ĂŒberflĂŒssig. Umso mehr hat Monika Maron in diesem neuen Roman eine Sprache gefunden, um die Innenwelt dieser in existenzielle Atemnot geratenen Figur zu erkunden und darzustellen. Ein leises Buch, aber von bedrĂ€ngender, suggestiver Kraft. --Christian Stahl Quelle:
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