Hektisch tätige Aktienhändler an der Börse von Tokyo, begeisterte Zuschauermassen bei einem Rockkonzert, ein gigantischer Wohnblock in Paris oder die Oberflächenstruktur des Teppichbodens in der Kunsthalle Düsseldorf. Die Werke des Fotokünstlers Andreas Gursky bewegen sich zwischen Realismus und Abstraktion, lassen sich aus der Distanz wie der Nähe betrachten und zeigen in der Tiefe eine Zustandsbeschreibung der modernen Welt. Die vorliegende Publikation erschien anlässlich der ersten großen Retrospektive des 45-jährigen Düsseldorfer Fotografen im Museum of Modern Art (MOMA) in New York. Auf 56 Bildtafeln wird sein Werk von 1984 bis in die Gegenwart vorgestellt. Viele seiner Fotografien der 80er-Jahre erscheinen auf den ersten Blick profan wie die Wanderer am Klausenpass oder Schwimmende in einem Freibad in Ratingen. Gursky zeigt den Einzelnen und sein kollektives Handeln in dessen natürlicher, städtischer oder sozialer Umwelt und erreicht dadurch in seiner Bildaussage eine metaphysische Spannung. In den 90er-Jahren ändern sich seine Motive, seinem Sujet bleibt er jedoch treu. Jetzt sind es Megaereignisse wie Sportveranstaltungen oder Raves, die Darstellung von Massenproduktion, Warenpräsentation und Markenfetisch, aber auch Aufnahmen absolut optischer Stille wie die eines leeren Verkaufsregals bei Prada oder der geradlinigen Abbildung des Rheins. Die Ästhetik der Fotografie Gurskys liegt nicht nur in der zeitgenössischen Motivwahl, sondern vielmehr in der klaren und geordneten, zum Teil auch digital bearbeiteten Bildkomposition. Der Bildband präsentiert die hervorragend reproduzierten Fotoaufnahmen grob chronologisch geordnet. Dabei sind einzelne Detailansichten zwischen den Aufnahmen eingefügt, um thematische Schwerpunkte in Gurskys Arbeit zu betonen. Die gekonnte Werkdarstellung wird durch einen interessanten Essay des MOMA-Kurators Peter Galassi eingeführt, in welchem der Werdegang und die künstlerische Orientierung von Andreas Gursky aufgezeigt und mit vielen Bildbeispielen, auch unveröffentlichter Arbeiten, dargestellt wird. Ein wichtiges und aufschlussreiches Werk deutscher Gegenwartskunst, das einen auf die weitere Entwicklung eines der bekanntesten Persönlichkeiten der gegenwärtigen Kunstfotografie gespannt sein lassen darf. --Stefan Meyer Quelle:
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