Er war so etwas wie das Enfant terrible der Wiener Moderne: Egon Schiele, der ein überaus kontrovers diskutiertes Werk hinterließ -- und dies, obwohl er bereits 1918, im Alter von nur 28 Jahren, an der Spanischen Grippe starb. Wegen seiner seltsam verrenkten, nackten Körper junger Frauen in unverhohlen lasziver Positur brachten erboste Bürger -- und die konservative Justiz -- den jungen Maler schon bald in die Nähe der Pornographie. Heute jedoch gilt Schiele als Wegbereiter der modernen Kunst zur Jahrhundertwende in Österreich. Wie stark sich Schiele am Anfang von der ornamentalen Flächigkeit Gustav Klimts inspirieren ließ, bevor er zu seinem ganz eigenen, persönlichen Stil und einer (im Vergleich zu van Gogh oder Picasso freilich relativ zurückhaltenden) Expressivität fand, zeigt der Ausstellungskatalog Egon Schiele. Liebe und Tod, der, ausgehend von den hochkarätigen Exponaten der Wiener Albertina, an Hand von Gemälden, farbigen Zeichnungen und Gemälden, die ganze Spannbreite des Oeuvres deutlich macht -- und der zeigt, wie stark bei Schiele Eros und Thanatos, wie stark also Sexualität, Erotik und Tod beieinander liegen. Mit Jane Kallir hat der Verlag Hatje Cantz für Egon Schiele. Liebe und Tod eine kompetente Autorin gewinnen können. Immerhin handelt es sich bei Kallir um die Co-Direktorin der renommierten New Yorker Galerie St. Etienne; ihr Großvater Otto Kallir brachte einer breiten Öffentlichkeit in den USA die Wiener Moderne erstmals in vollem Umfang nahe. Dementsprechend sind die Texte des Bandes auch besonders informativ und anschaulich ausgefallen -- eine sinnvolle Ergänzung zu den herausragend gut reproduzierten Bildern Schieles, die auch heute noch -- neben aller dekorativen Qualität -- einiges von ihrer provokanten Ausstrahlung behalten haben. -- Isa Gerck Quelle:
|