Wer einen großen Namen hatte, der bekam bei den Bwende schon einmal eine rot bemalte Büste aus Ton. Ansonsten blieb diese Ehrung den Verstorbenen vorbehalten. Ihre Reliquien wurden den Puppen als "magische Ladungen" regelrecht einverleibt. Afrikanische Kunst hat kulturelles und (vor allem) totemistisches Potenzial: Gemeinsam mit dem Hang zur Abstraktion faszinierte die Maler und Bildhauer der klassischen Moderne wie Georges Braque und Pablo Picasso vor allem dies. Picasso war es auch, der in seinem Pariser Atelier nachweislich ein paar afrikanische Masken sein Eigen nannte. Das Schlüsselbild des Kubismus -- Les Mademoiselles d'Avignon -- verdankt sich diesem Einfluss. Und auch die jungen Wilden aus Deutschland ließen sich vom "Primitivismus" des dunklen Kontinents, vom einfachen Zauber der Bwende, Teke, Giryama oder Bembe inspirieren, namentlich Georg Baselitz, der die Holz- und Tonfiguren aus Nigeria, Angola und Kenia 25 Jahre lang eifrig sammelte. Der Ausstellungskatalog Baselitz. Die Afrika-Sammlung mit seinen Skulpturen, Stoffpuppen und Wahrsagekörben spiegelt den Einfluss afrikanischer Kultur auf die Malerei und Bildhauerkunst des Künstlers nun in umgekehrter Weise wider. Deshalb auch ist Baselitz' Sammlung rau und ursprünglich ausgefallen wie sein eigenes Werk. "Es gibt ganz bestimmte klassische Schönheitsideale in der afrikanischen Kunst, aber die haben mich nie interessiert", hat der Maler dementsprechend konstatiert. Und dennoch ist der Band auch ein eindrucksvolles Dokument einer hier zu Lande immer noch viel zu wenig beachteten Kunst. "Ich war nicht in Afrika", hat Baselitz unlängst trotzig verkündet. Warum auch: Immerhin hat er sich sein Afrika als Kunstraum nach Europa geholt. Wer diesen prächtig illustrierten Bildband betrachtet hat, kann diese Faszination des Malers verstehen. --Thomas Köster Quelle:
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