Wohl niemand hat die überbordende Schönheit des Frühlings oder die Ankunft der Venus auf allegorischen Bildern wundervoller darzustellen vermocht wie der italienische Renaissance-Künstler Sandro Botticelli. Da tanzen Mädchen versunken Ringelreihen, weht der verkörperte Wind eine milde Brise durch eine zauberhaft fein gemalte Landschaft und schießt ein Amor-Putto mit verbundenen Augen einen Pfeil in die Menge, während eine Blüten verschüttende, rätselhaft lächelnde Frau in einem Blumenkleid -- die inkarnierte Flora -- über die Wiese wandelt. Wer Botticellis „Primavera“ live im Museum sehen kann, ist natürlich im Vorteil. Für alle anderen gibt es jetzt den opulenten Band zu Botticelli des Prestel Verlags. Und der ist wegen des Großformats fast so aufregend wie ein Museumsbesuch. Auf rund 320 Seiten entfaltet der Kunsthistoriker Frank Zöllner (Michelangelos Fresken in der Sixtinischen Kapelle, Leonardo da Vinci) in 240 zum Teil ganzseitigen Farbabbildungen Botticellis bunte Welt. Biografisch aneinandergereiht beleuchtet er das religiöse Frühwerk, zeigt Botticellis erste Erfolge in Florenz, porträtiert den Porträt- und Freskenmaler in Rom, stellt die „Primavera“ zum zweiten Meisterwerk „Minerva und der Kentaur“ als „Gegenbild“ in Kontrast -- und illustriert die späten mythologischen und Altarbilder des Künstlers. Dabei bleibt selbst eine unbekannte, dem Grausamen zugeneigte Seite Botticellis nicht verborgen. Begleitet wird dies alles von einem jederzeit kundigen, klug argumentierenden und absolut schlüssigen Text, der zudem auch noch -- nicht immer selbstverständlich für Kunstbänden -- allgemein verständlich ist. So ist Botticelli ein runder Kunstgenuss, der einem die Bilder des Künstlers auf eine ganz neue Art und Weise näher bringt. --Stefan Kellerer Quelle:
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