In der deutschen Malerei der Nachkriegszeit hat wohl keiner das bedeutungsvolle Spiel mit der Bedeutungslosigkeit derart weit getrieben wie Martin Kippenberger (1953-1997). Neben Polkes Ironie und Richters "kapitalistischem Realismus" der frühen Jahre wirkt der unversöhnliche Zynismus seiner Bilder wie ein Paukenschlag. Aber auch kritische Selbsthinterfragung findet statt in den Gemälden, Skulpturen und Plakaten, die nicht zuletzt Inszenierungen sind der eigenen Persönlichkeit: Für Kippenberger war Malerei immer eine Art "zweites Sein". Im Jahr 2003 wäre Martin Kippenberger ein halbes Jahrhundert alt geworden. Und erst zu diesem Anlass fand im Museum für Neue Kunst Karlsruhe die erste große Werkschau des genialen Außenseiters statt, der schon lange vor Jeff Koons und Konsorten Kitsch und Kunst, Reflexion und schönen Schein auf grandiosen Bildern wie "Die sympathische Kommunistin" (1983) oder der abgemalten Autogrammkarte von Hansjörg Felmy ("Ohne Titel", 1981) in Einklang zu bringen verstand. Rund 500 Exponate hatte die Retrospektive versammelt, über die der vorliegende, bei Dumont publizierte Band einen profunden Überblick verschafft. Hier zeigt sich, wie stark Kippenberger seine Vorbilder Picasso, Wols, Beuys und Warhol zu einem ganz eigenen Stil weiterverarbeitet hat, und das erstaunlicherweise, ohne sie auch nur im Ansatz zu kopieren. Neben klugen Texten zur Werkgeschichte kommt auch Kippenbergers Schwester Susanne zu Wort, die eine sehr persönliche Annäherung an den Malerbruder versucht ("An ihm lag es nicht, dass ich eine Vier in Kunst hatte, er hat mir die Bilder gemalt, die ich nicht malen konnte"). So entsteht ein ebenso abwechslungs- wie fassettenrreiches Porträt eines großen deutschen Malers, den es, wie es scheint, trotz seiner Bekanntheit immer noch zu entdecken gilt. --Thomas Köster Quelle:
|