Ein wundervoller Roman! Nach der Marseille-Trilogie (Total Cheops, (Chourmo und (Solea) ist nun Jean-Claude Izzos kleines Meisterwerk Aldebaran in deutscher Sprache erschienen. Der früh verstorbene Autor erzählt einfühlsam von Seeleuten, die auf einem Schiff in Marseille festsitzen und ihr Leben Revue passieren lassen. Aldebaran ist der Name des Frachters, der im Hafen von Marseille festgehalten wird, weil sein Besitzer in betrügerische Geschäfte verwickelt ist. Der größte Teil der Crew hat das Schiff längst verlassen. Nur der Kapitän Abdul, sein Offizier Diamantis und der Matrose Nedim bleiben aus unterschiedlichen Gründen an Bord. Alle drei rufen sich in Gesprächen, Stunden der Muße und während ihrer Spaziergänge durch das sonnendurchglühte oder nächtliche Marseille ihr bisheriges Leben in Erinnerung, Enttäuschungen, die sie erlitten und die sie selbst vor allem den geliebten Frauen zufügten. Die Hafenstadt ist das verbindende Element dreier Menschen am Wendepunkt, hier fanden einschneidende Ereignisse ihres Lebens statt, hierhin kehrten sie stets zurück. "Marseille, das wusste er, war die einzige Stadt in der Welt, in der man sich nicht als Fremder fühlte. Niemand war dort ein Fremder." Auch der Libanese Abdul fühlt sich hier auf seltsame Weise zu Hause. Hier versucht er den selbst verschuldeten Bruch mit seiner Frau Céphée zu verwinden, während Diamantis auf der Suche nach der früheren Geliebten die Stadt durchstreift und Nedim sich in Nepplokalen ausnehmen lässt. Auch in diesem Roman hat Jean-Claude Izzo sein Marseille gefeiert. Endlos möchte man mit seinen unglücklichen Helden die Straßen der Hafenstadt durchwandern, in Bars und Restaurants verweilen, Gerüche und Geräusche in sich aufnehmen. Selten auch wurde den Frauen ein ähnlich liebevolles und einfühlsames literarisches Denkmal gesetzt! Um sie drehen sich alle Gedanken der Männer -- schließlich ist Aldebaran auch der hellste Stern im Sternbild des Stiers, der am Himmel beständig den Pleiaden, den Töchtern des Atlas, folgt. "Nicht zu lieben, ist ein Unglück", kommt es Diamantis in den Sinn. --Ulrich Deurer Quelle:
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