Der ebenso prachtvolle wie lang erwartete Band Sondermann von Bernd Pfarr ist ein doppeltes Vermächtnis. Zum einen gewährt er einen hervorragenden Überblick über das Werk eines der innovativsten, poetischsten und phantasievollsten Zeichner, den Deutschland bis zu seinem Tod 2004 wohl hatte. Zum andern ist ihm ein überaus lesenswertes Vorwort von Robert Gernhardt beigegeben, der seinerseits zwei Jahre später starb. Das er dies getan hat, ist gut so. Denn Pfarr und Gernhardt verband nicht zuletzt die Doppelbegabung, Zeichner und Dichter in Personalunion gewesen zu sein, mit Worten und Strichen gleichzeitig beizeiten absurde Welten erzeugt zu haben. „Ich würde gern der Welt die Realität austreiben“, zitiert Gernhardt Pfarr in seiner Einleitung. Wer Sondermann zur Hand nimmt, der weiß, was damit gemeint ist. Versammelt sind alle Sondermann-Blätter rund um den ebenso sympathischen wie chaotischen Büroangestellten, die der Zeichner Bernd Pfarr in fast zwei Jahrzehnten vor allem für das Satire-Magazin Titanic und das ZEIT-Magazin gezeichnet hat -- und die aufs Trefflichste aufzeigen, wie sich unser bürokratischer Alltag immer wieder durch Einfallsreichtum -- und politisch herrlich inkorrekt -- destruieren lässt. Da frönt Sondermann im Büro dem Ritual des Negerschrubbens oder lauscht dem Negerradio, da kommt Moby Dick persönlich vorbei, um den Laden aufzumischen. Und wenn einmal doch nicht alle Stricke reißen wollen, sprengt Kollege Schulze kurzerhand alles in die Luft. So zeigt Sondermann, welche große Lücke der Tod Bernd Pfarrs gerissen hat. Die Wirklichkeit ist längst zurückgekehrt in unsere Welt. Bis der nächste Zeichner kommt, der sie ihr wieder austreiben kann, ist dieser Band der schönstmögliche Trost.-- Thomas Köster, Literaturanzeiger.de Quelle:
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