Die Leute nennen Celia nur „die Schwarze Witwe“, und der Ich-Erzähler von Elia Barcelós neuem Roman Das Geheimnis des Goldschmieds kann das im Nachhinein aus mehreren Gründen gut verstehen. Auf ihn wirkt die um einiges ältere Frau mit der Perlenkette, die er als 19-Jähriger zum ersten Mal im Zuschauerraum eines Kinos sieht, „wie eine Schauspielerin des Cine Noir“. Später wird „die Schwarze Witwe“ ihn verführen, ihm nach drei Monaten der Leidenschaft den Laufpass geben und ihm so vollends den Kopf verdrehen -- und zwar so stark, dass er Celia nicht mehr herausbekommt aus seinem Gedächtnis. Auch über zwanzig Jahre später nicht, als aus ihm längst ein bekannter Goldschmied geworden ist. Als reifer Mann kehrt der Goldschmied in sein Dorf zurück -- und wird von Erinnerungen überströmt. Von dieser Suche nach einer verflossenen Liebe erzählt Barcelós wundervolles Buch. Es gibt Romane, über die ärgert man sich erst, wenn man den letzten Satz gelesen hat. Das gilt in jedem Fall auch für Das Geheimnis des Goldschmieds. Und das liegt gar nicht an diesem letzten Satz. Bei Barceló lautet er: „Ich werde auf diese Dachterrasse gehen, wo sie mich an Weihnachten 1973 gesucht hat, und werde, die Augen verschlossen vor dem Schnee, den Lichtern und dem Feuerwerk, auf das Wunder warten“. Daran ist gar nichts auszusetzen. Aber man ist trotzdem ärgerlich, weil es nach nicht einmal 100 Seiten nicht weitergeht. Das Geheimnis des Goldschmieds hätte man sich gerne mindestens fünf Mal länger gewünscht. Und das ist das größte Kompliment, das man dem Buch der spanischen Erfolgsautorin machen kann. -- Stefan Kellerer Quelle:
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