Mit 2-jähriger Verspätung, dafür allerdings auch mit doppeltem Umfang, liegt nun der Science Fiction-(Doppel-)Band innerhalb von Georg Seeßlens Reihe Grundlagen des populären Films vor. Darin unternimmt der einflussreiche Film- und Kulturkritiker in Zusammenarbeit mit seinem Münchner Kollegen Fernand Jung eine Gesamtschau des Genres von der Stummfilmzeit bis über die Jahrtausendwende hinaus. Nach einer Einführung in die thematischen, mythologischen und gesellschaftlichen Grundlagen der Science Fiction geht der erste Teil des historischen Überblicks streng chronologisch vor. Von den Anfängen des Stummfilms, der Ausdifferenzierung von Handlungsmustern und Klischees in den 30er- und 40er-Jahren über die "Blüte des Genres" in den 50ern führt die Reise in die 60er-Jahre, die neue Ideen und die Rückkehr alter Helden bringen. In den 70er-Jahren gelingt der SF dann der endgültige kommerzielle Durchbruch, von Planet der Affen bis zu Star Wars und Star Trek sind Superserien angesagt. Der zweite Band folgt zwar weiter der Chronologie des 20. Jahrhunderts, teilt jedoch die exponentiell wachsende Anzahl produzierter Filme in übersichtliche thematische Gruppen ein. Aliens und außerirdische Invasionen, künstliche Menschen und virtuelle Realitäten sind nur einige Gebiete, die Seeßlen und Jung erschöpfend behandeln, stets im Rückgriff auf die im ersten Band geschilderten stilbildenden Entwicklungen. Aktuell reicht die Auseinandersetzung mit dem Genre dabei bis zu Matrix und dem Solaris-Remake. Science Fiction. Geschichte und Mythologie des Science-Fiction-Films kann ohne jede Übertreibung bereits bei Erscheinen als Standardwerk bezeichnet werden. Im Unterschied zu der 80-seitigen Einführung in die "Mythologie der Science Fiction" am Anfang des ersten Bandes, die sich eines übertrieben akademischen Jargons bedient, sind die über 700 Seiten "Geschichte des Science Fiction Films" fesselnd geschrieben und lassen keine Wünsche offen. Die beiden Bände bieten zahllose Standbildaufnahmen in guter Qualität und werden durch umfangreiche Biblio- und Filmografien sowie ein Register ergänzt. Um eine oft strapazierte Wendung zu bemühen: Am "Seeßlen/Jung" wird künftig niemand vorbeikommen, der sich -- beruflich oder rein zum Vergnügen -- mit der fantastischen Leinwand beschäftigt. --Hannes Riffel Quelle:
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