Die geistlichen Spiele des Mittelalters dienten nicht nur der christlichen Erbauung, sondern boten auch die Möglichkeit extremer Gewaltdarstellungen. Und diese wurden teilweise recht drastisch vorgeführt. "So trug etwa der Christus-Darsteller eine Schweinsblase unter der Perücke, die mit Blut gefüllt war, das ihm bei der Dornenkrönung über das Gesicht lief", schreibt Peter Simhandl in seiner Theatergeschichte, die nicht nur einen guten Überblick über die verschiedenen Epochen liefert, sondern auch solche Kleinigkeiten erwähnt, die bei der allgemeinen Betrachtung des Theaters manchmal ein wenig untergehen. In diese Kategorie gehört auch die Würdigung Sophokles', nicht nur als bedeutenden Dramatiker, sondern auch als "Erfinder" des Bühnenbildes. Simhandls Theatergeschichte zeigt chronologisch die Entwicklung des Theaters von den Anfängen an. Jedes Teilkapitel umreißt kurz die politischen und gesellschaftlichen Umstände, berichtet allgemein über die künstlerischen Entwicklungen und geht schließlich auf die bedeutendsten Dramatiker und ihre Werke ein. Auch die jeweils vorherrschenden Inszenierungs- und Aufführungsformen werden behandelt. Über die Hälfte des Buches ist dem 20. Jahrhundert gewidmet. Als eine clevere und benutzerfreundliche Lösung erweist sich die Behandlung der Formen des Avantgarde-Theaters in einem eigenen Kapitel. Ein weiterer Vorteil des Buches ist seine Aktualität. Tendenzen und Aufführungen werden bis in das Jahr 2000 erfasst. Die Gegenwart wird dabei sprachlich und inhaltlich genauso souverän beschrieben wie die "klassische" Theatergeschichte. Nur selten geht die Distanz zur jüngsten Vergangenheit etwas verloren. Etwas zu kurz kommen vielleicht gesellschaftliche und politische Entwicklungen, die direkt auf das Theater eingewirkt haben, wie beispielsweise die Volksbühnenbewegung. Es ist ein ehrgeiziges Unterfangen, eine Theatergeschichte in einem Band zu verfassen. Peter Simhandl ist dies gut gelungen. Sein Buch eignet sich sowohl für Theaterkenner als auch für Laien. --Gregor Kannberg Quelle:
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