Der Hörbuch-Verlag legt mit dieser CD eine kleine, audiophile Kostbarkeit vor: Aufnahmen der Gedichte, Ansprachen und Interviews Erich Kästners aus den Jahren 1930 bis 1972. Kästner war stolz auf seine Beierle-Platten, was er auch umgehend seinem geliebten "Muttchen" mitteilte. Es handelt sich um vier Gedichte, die er 1930 für Alfred Beierles kurzlebige Plattenfirma Die Neue Truppe aufnahm. Gleich nach dem ersten Gedicht "Möblierte Melancholie" begegnen wir Kästners Lieblingshaßobjekt, dem "Sergeant Waurich", diesem unseligen Schleifer und Ausbilder im Ersten Weltkrieg. Den kriegte er nicht mehr aus dem Kopf: "Der Mann hat mir das Herz versaut, das wird ihm nie verziehn." Kästner mag vielleicht nicht der ideale Interpret seiner eigenen Werke gewesen sein, das dröhnende Pathos droht doch manchmal den nachdenklichen Gehalt seiner Gedichte zu erschlagen. Die Interviews und Ansprachen aber sind das eigentlich Interessante. Hier erlebt man, wie der Mann denkt und formuliert. In ihnen wird Kästners Verletztheit über die mangelnde Akzeptanz seiner Werke und das frühe, auf der Höhe seines Schaffens erzwungene Verstummen aufgrund des Veröffentlichungsverbotes durch die Nazis deutlich sichtbar. Man höre hierzu nur seine bitteren Anmerkungen anläßlich der Büchner-Preis-Verleihung 1957, oder die monumentale Rede "Über das Verbrennen von Büchern" auf dem Hamburger PEN-Kongreß im darauffolgenden Jahr. Den Pazifisten und Kriegshasser Kästner erlebt man in einer erzklugen Rede vor Münchner Studenten anläßlich der Atombewaffnung der Bundeswehr (was ihn, wie man hören kann, bitter angekommen sein muß). Uns kommt es bitter an, ihn bei letzten Rundfunkaufnahmen 1972 mit heiserer Stimme seine Gedichte "Marschliedchen" und "Die Entwicklung der Menschheit" deklamieren zu hören. Zwei Jahre später war er tot. --Ravi Unger Quelle:
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