Rosemarie Trockel hat ein Faible für Tiere -- nicht für exotische, farbenprächtige Exemplare, sondern für eher unspektakuläre Arten. So hat sie zum Beispiel immer wieder ihre eigenen Hunde porträtiert. Seit Mitte der 90er Jahre entwirft sie zusammen mit dem Biologen und Künstler Carsten Höller Häuser für Tiere und Menschen. Am bekanntesten ist ihr "Haus für Schweine und Menschen", das sich 1997 auf der Documenta X zum Publikumsmagneten entwickelte. In den Fulda-Auen haben die Künstler ein geräumiges Gehege für Schweine, verbunden mit einem Ruheraum für erschöpfte Documenta-Besucher gebaut. Allerdings schützten sie die Schweine vor den Blicken der Betrachter durch eine nach innen verspiegelte Glaswand. So sahen die Tiere nur ihr eigenes Spiegelbild und blieben vom hektischen Ausstellungsbetrieb so gut wie unbehelligt. Ihre Häuser-Serie hatten Trockel und Höller bereits 1996 auf der Manifesta I in Rotterdam mit einem Mückenbus eröffnet. 1997 zeigten sie in Palermo ein Haus für Hühner. Diese Installation, deren Konstruktion auf dem Oval des Eis beruhte, erlaubte nur den Hühner, die Menschen zu beobachten. Die Ausstellungsbesucher, denen hartgekochte Eier und Waffeln angeboten wurden, konnten durch die verdunkelten Glasfenster nicht nach innen sehen. Nach Häusern für Bienen, einen Kuckuck und einen Hund haben die Künstler jetzt für die Expo 2000 in Hannover ein "Haus für Tauben, Ratten und Menschen" entworfen. Es hat die Struktur einer Pupille und soll als Modell für eine friedliche Koexistenz der drei Gattungen stehen. Der Blick ist ein zentraler Aspekt der Arbeiten von Rosemarie Trockel und Carsten Höller. Ihre Installationen sind so konstruiert, daß sich die menschliche Perspektive relativiert und die der Tiere aufgewertet wird. "Es kommt ihnen darauf an, den Menschen wegzubewegen, ihn aus dem Zentrum zu rücken, den Blick als aktiven Werkstoff zu begreifen und seine Bedingungen bildhauerisch zu gestalten", erläutert Nicolaus Bourriaud in einem der Aufsätze, die die Publikation begleiten. Ein bemerkenswerter Bildband, der sich durch seine außergewöhnliche Gestaltung und die gelungene Präsentation der Arbeiten in ihren verschiedenen Stadien von der Skizze bis zur Installation auszeichnet. --Doris Lösch Quelle:
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