Paris, Frühjahr 1964. Der 33-jährige amerikanische Fotoreporter Will McBride besucht zusammen mit einem Redakteur des Magazins twen Romy Schneider in einem kleinen Hotel in Paris. Sie bleiben den Nachmittag über dort. Romy gibt ein Interview, McBride fotografiert die 25-Jährige im abgedunkelten Zimmer auf dem Sofa, mal im kleinen Schwarzen, mal im weißen Rüschennachthemd oder im seidenen Morgenmantel. "Romy bekennt Farbe" steht später auf der Titelseite der Juniausgabe von twen. Der Beitrag enthält nur wenige der Fotografien, die übrigen wandern ins Archiv. Erst 38 Jahre später holte sie McBride auf Drängen seines Galeristen wieder hervor. Romy zeigt insgesamt 76 der Schwarz-weiß-Aufnahmen, die an diesem Nachmittag entstanden. Dazwischen findet man Zitate ihrer Freunde, Regisseure und Filmpartner. Unter anderem auch von Alain Delon, wegen dem sie 1958 nach Paris gezogen war, der sie aber nur wenige Monate vor diesem Fototermin wegen einer anderen Frau verlassen hatte. Ihre eigentliche Filmkarriere stand zu diesem Zeitpunkt noch bevor. Erste Erfolge konnte sie jedoch schon verzeichnen. Hatte sie doch nach den Sissi-Filmen mit so bedeutenden Regisseuren wie Luchino Visconti, Orson Welles und Otto Preminger gedreht. Die Fotografien zeigen beides: eine geheimnisvolle, schöne Schauspielerin, die sich selbstbewusst und kokett in vielerlei Posen und Verkleidungen vor der Kamera inszeniert, und eine ernste junge Frau mit traurigem Blick, in deren Gesicht man noch einen Schatten der vergangenen Ereignisse zu sehen meint, oder vielleicht auch eine Vorahnung auf das kommende Leid, das Romy in ihrem privaten Leben bis zu ihrem Tod 1982 noch erwartet. McBrides Bilder faszinieren durch ihre Nähe und Intimität. Man hat das Gefühl, selbst mit Romy im Zimmer zu sitzen, spürt beim Betrachten ihres wunderschönen und unergründlichen Gesichtes, ihren Wunsch zu gefallen, ihre Sehnsucht und ihre Verletzlichkeit und gleichzeitig ihre Fähigkeit zur bedingungslosen Hingabe. "Ich liebe es, bis an die Grenzen des Möglichen zu gehen, im Beruf wie im Gefühlsleben. Ich bedaure nichts!", sagte sie einmal, und auch McBrides fotografische Erinnerung an Romy scheint dies zu bezeugen. --Britta Müller Quelle:
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