"Dat ham wir uns so nich vorjestellt", soll Konrad Adenauer gesagt haben, als das Bundesverfassungsgericht 1952, für ihn völlig überraschend, anders entschieden hatte, als es sich "der Alte" vorgestellt hatte. Diese erste große vor dem Bundesverfassungsgericht ausgetragene Kontroverse (um die Wiederbewaffnung) markierte denn auch die erste große Krise des Gerichts. Die zweite datiert bereits in die Jahre 1994/95, als gleich sechs heftig diskutierte Beschlüsse manchen konservativen Parlamentarier schier auf die Palme trieb -- angefangen beim Haschisch-Beschluss (der besagt, dass aufgrund des Übermaßverbots die strafrechtliche Verfolgung gelegentlichen Eigengebrauchs grundsätzlich zu unterlassen sei), über die Entscheidung, dass man ungestraft Tucholsky zitieren darf ("Soldaten sind Mörder"), bis zum Kruzifix-Beschluss, der auch bayerischen Schulkindern das Recht zugesteht, sich nicht fortdauernd vom Anblick eines nackten und gequälten Mannes peinigen lassen zu müssen… Ja, man muss sagen, dass der Parlamentarische Rat seinerzeit -- ein bisschen wie aus Versehen -- einen kleinen Geniestreich vollbracht hat. Eigentlich hatte man sich vorgestellt, mit dem Bundesverfassungsgericht eine gerichtliche Schutzinstanz gegen Kommunisten und Faschisten zu errichten. Aber bisweilen, das erkannten die Verfassungsrichter schnell, muss man um der Verfassung willen Demokraten eben auch vor sich selber schützen. Kurzum: Die Geschichte des Bundesverfassungsgerichts ist alles in allem eine Erfolgsgeschichte. Und Uwe Wesel erzählt diese Geschichte souverän und mit dem Blick des Kenners für die großen Entwicklungslinien und die wichtigen Details. Er tut dies auf eine ungemein unterhaltsame Art. Eine ebenso lehrreiche, wie vergnügliche Lektüre. Unbedingt lesenswert! --Andreas Vierecke Quelle:
|