Stupor mundi -- der die Welt in Erstaunen versetzt. Diese zeitgenössische Titulierung charakterisiert auch heute noch wohl am besten die Faszination, die von der Person Friedrichs II. (1194-1250), deutschem König und römischem Kaiser, ausgeht. Daher mag es erstaunen, dass eine moderne Biografie des letzten Stauferherrschers bislang fehlte. Bei näherer Betrachtung werden die Gründe für diese Absenz jedoch offensichtlich: ein Anwachsen des Quellenmaterials, eine Flut von Fachliteratur und nicht zuletzt die durch eine von Tradition, Projektion und Fehlinterpretationen überlagerte und letztlich verschwommene Vorstellung der Figur Friedrichs. Mit dem vorliegenden zweiten Teil seines Werkes Friedrich II. Der Kaiser 1220-1250 wurde nun dieses Desiderat von Wolfgang Stürner erfüllt. Bislang war man immer noch auf die Darstellung von Ernst Kantorowicz Kaiser Friedrich der Zweite angewiesen. Erst 1988 publizierte D. Abulafia mit Frederick II. A Medieval Emperor (Herrscher zwischen den Kulturen. Friedrich II. von Hohenstaufen, dt. 1991) wieder eine Biografie, die von der Forschung jedoch sehr kritisch bewertet wurde. Schildert der erste Band die unter Friedrich Barbarossa geschaffenen Herrschaftsvoraussetzungen, die Jugend und Erziehung Friedrichs sowie die Königsherrschaft in Sizilien und Deutschland im Zeitraum von 1194 bis 1220, so widmet sich der zweite Teil ganz der Kaiserherrschaft. Die Schwerpunkte bilden dabei die Umgestaltung des sizilischen Königreiches, der Kreuzzug nach Jerusalem, die Auseinandersetzung mit seinem Sohn Heinrich sowie mit dem Papsttum und den oberitalienischen Städten. Doch analog zum ersten Teil beschränkt Stürner sich nicht auf eine rein chronologische Abhandlung, sondern zeigt den Staufer inmitten des gesellschaftlichen, politischen und religiösen Kontextes seiner Zeit und Umgebung und zeichnet die Wechselwirkungen und Abhängigkeiten nach. Einen hohen Stellenwert nehmen die vielfältigen natur- und geisteswissenschaftlichen sowie künstlerischen Interessen und Beschäftigungen des Kaisers ein. Die Rezeption und Förderung arabischer wie griechisch-byzantinischer Kultur, Literatur und Wissenschaft komplettiert schließlich das Bild dieses mittelalterlichen Herrschers. Der besondere Wert dieser Biografie liegt im akribischen Quellenstudium, den eingehenden Handschriftenuntersuchungen und der Einarbeitung der gesamten Spezialliteratur. Damit konnte eine Reihe von Verzerrungen und Legenden korrigiert und einer weiteren romantischen Verklärung der Person Friedrichs II. entgegengewirkt werden. Die Gewichtung der Forschungsgegenstände ist ausgewogen, thematische Überschneidungen in verschiedenen Lebensphasen greifen ohne Redundanz ineinander. Die Darstellung zeichnet sich durch hohe Professionalität und ihre flüssige und angenehme Lesbarkeit aus. --Osseline Kind Quelle:
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