Es ist neblig an jenem Tag im Herbst 1937, als sich zu dem, âwas eben noch verbotenes Terrain war, von unbekannter Hand ein Tor geöffnetâ hat. Nach 22 Jahren in der Nervenheilanstalt tritt Kristina Tacker aus der Nervenheilanstalt aus einem umzĂ€unten Gebiet, in dem die âschweren Körper der HĂ€user wie schlummernde Raubtiereâ lagen, hinein in einen Nadelwald. Dass der Pfad, den sie nun beschreitet, nur eine Einbildung ist, stört sie nicht weiter. Sie geht ihn einfach, Schritt fĂŒr Schritt, âohne Zielâ -- und am Ende ist doch ihre Geschichte und die ihrer Umgebung klarer. Erst langsam lichtet sich der Nebel in Henning Mankells Roman Tiefe, danach offenbart sich Tackers Geschichte -- und die ihres Mannes Lars Tobiasson-Svartman, mit dem sie vor Urzeiten einmal verheiratet war: Er berichtet von der Distanz, den Tobiasson-Svartman zu seiner Mutter hatte. Und von dem Koffer, den er bei sich trug, um Entfernungen besser bestimmen zu können, damals, im Oktober 1914, als er in Stockholm erschien, mit seinem kostbarsten Besitz, einem Messing-Lot zur Seevermessung aus dem 18. Jahrhundert. Als er mit dem Panzerschiff Svea zu einer militĂ€rischen Aktion -- einer geheimen Kommandosache -- aufbricht, hĂ€lt er das Lot fest umklammert. Auf der Reise verliebt er sich in eine fremde Frau, Sara Fredrika. Aber zuhause wartet eine andere. Also muss sich der Vermessungsingenieur, um NĂ€he wiederherzustellen, mit einer LĂŒge Distanz schaffen: Ein Betrug, der in die Katastrophe fĂŒhrt. Wieder einmal ist es dem schwedischen Bestsellerautor Mankell gelungen, seinen ĂŒberaus raffinierten Plot um Liebe und Verrat bis in die Tiefen der menschlichen Psyche perfekt auszuloten: mit einem âgeheimen GespĂŒr fĂŒrs Lotâ, wie der erste Teil seines Romans ĂŒberschrieben ist. GroĂartige Roman-Unterhaltung, die man von Mankell nach einigen etwas schwĂ€cheren BĂŒchern so schon gar nicht mehr erwartet hĂ€tte. Ăberaus empfehlenswert. -- Stefan Kellerer Quelle:
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