Seinen Namen kennen vielleicht nur wenige, seine Photographien dafür umso mehr. Etwa den Kuß vor dem Rathaus auf dem Cover dieses Bildbandes, eine jener flüchtigen Pariser Straßenszenen -- jener Drei Sekunden Ewigkeit --, die Robert Doisneau meisterhaft mit seiner Kamera festhielt. Die Photographie, als Kunstform kaum ein knappes Jahrhundert alt, kennt bereits ihre Klassiker -- Doisneau ist sicher einer davon. Im Gegensatz zu den phototechnisch wie motivisch stilisierten Aufnahmen eines Robert Mapplethorpe oder Man Rae setzt Doisneau auf die Vergänglichkeit des Augenblicks. Auf den Straßen findet er seine Modelle, zumeist Unbekannte, Kinder, skurrile Typen, Liebende, Arbeiter. Er ist der Impressionist unter den Photographen, ein Menschenfreund mit untrüglichem, ironischen Blick. Zu meinen persönlichen Lieblingsbildern gehört der Seitenblick, ein älteres Ehepaar durchs Schaufenster der Kunstgalerie beobachtet, sie vertieft im Bild vor ihr, die Augen ihres Gatten abgelenkt vom weiblichen Akt an der Seite. Oder Am Busen der Venus, als Bauarbeiter beim Aufstellen der überlebensgroßen Statue, zwecks besseren Halts, die Göttin einfach an den Brüsten festhalten... Doisneau, der gelernte Graveur, Industriefotograph und Autodidakt, hat 1979 für diesen Bildband 101 seiner Photographien aus den 40er und 50er Jahren ausgewählt und dazu ein Essay verfaßt. Eine Retrospektive aus der eigenen Hand des Künstlers, ein grandioser Einblick in sein Oeuvre, jede Photographie für sich ein Meisterwerk. Ein Bildband, in dem ich immer wieder gerne blättere. --Gudrun Christoph Quelle:
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