Michael Leitner schreibt mit einer ziemliche Wut im Bauch. Der Journalist und Buchautor fühlt sich "bewußt in die Irre geführt", "manipuliert", "belogen" und sogar "betrogen" und zwar gleich von mehreren tausend Ärzten und Wissenschaftlern die behaupten, dass HIV die Krankheit AIDS auslöst. Leitners Behauptung dagegen lautet: "AIDS ist ein Irrtum, HIV ist eine Erfindung". Leitner untermauert seine These mit einer recht eigenwilligen Patchwork-Technik. Tief greift er dabei in die Stapel von Sekundär- und Tertiärliteratur, die in der Szene der so genannten AIDS-Dissidenten schon seit 15 Jahren zirkulieren und kompiliert daraus eine wahrscheinlich recht vollständige Ansammlung von alternativen AIDS-Thesen. Dass sich einige dieser Argumente gegenseitig widersprechen, andere schon längst widerlegt wurden, scheint Leitner nicht gestört zu haben: Mal steht da zu lesen, dass HIV niemals die "primär kausale Ursache" von AIDS sein könne. Wenige Kapitel später erfährt der Leser, dass es HIV ja eigentlich überhaupt nicht gibt. Herkömmliche Informationsquellen anzuzapfen hat sich Leitner erspart. Renommierte Forschungsinstitutionen wie das Robert Koch Institut hätten sich schlicht "geweigert", seine Fragen zu beantworten. Einzelne, in sich geschlossene Abschnitte, wie etwa das vom Wiener Gynäkologen Chrisitan Fiala verfasste Kapitel über das Zustandekommen von Statistiken über AIDS-Fälle in Afrika zeigen, wie eine intelligentere Auseinandersetzung mit dem Thema aussehen könnte: Fiala berichtet faktenreich und aus eigenen Erfahrungen. Und: Er argumentiert zielstrebig und konzise. Alles Qualitäten, die diesem Buch auf weiten Strecken fehlen. Lesbar ist Mythos HIV also bestenfalls als eine Art Reiseführer in die Gedankenwelt der verschworenen Szene der AIDS-Dissidenten. Die "kritische Analyse der AIDS Hysterie" bleibt das Buch dagegen schuldig. Dafür hätte es einen kühleren Kopf und weniger Wut benötigt. --Günther Strauss Quelle:
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