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Herr der Hörner

Herr der Hörner
Autor: Matthias Politycki
Verlag: Hoffmann und Campe
Taschenbuch
Auflage:
Seiten: 735
ISBN-10: 3-455-05892-2
ISBN-13: 978-3-455-05892-5
ISBN: 3455058922
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Das theoretische StĂŒtzkorsett zu seinem Roman lieferte Matthias Politycki schon vorab in einem Aufsatz in der Zeit. In seinem „Nachruf zu Lebzeiten“ sieht er den „Untergang des weißen Mannes“ voraus, attestiert der westlichen Gesellschaft geistige Entwurzelung und Glaubenslosigkeit, beklagt den RĂŒckzug in Privat-Esoterik und eine „mĂŒde Generalironie“. Kopflastigkeit und Verweichlichung allerorten, aber aufgeklĂ€rt daherkommend! WĂ€hrend eines mehrmonatigen Kuba-Aufenthaltes fand Polityckis Erweckungserlebnis statt. In der „ungebremsten Wildheit des Willens“, sowie dem tief verinnerlichten Glauben der schwarzen Bevölkerung, fand der Autor das authentischere Menschenbild. Nicht wenige Zeit-Leser zeigten sich gelinde beunruhigt!

Genau dahin, wo die Angst regiert, schickt Politycki nun seinen Protagonisten mit dem merkwĂŒrdigen Namen, wie ihn nur Romanautoren ersinnen können. In einer versifften Kneipe in Santiago de Cuba sollte der saturierte Banker Broder Broschkus, „Feind allen karibischen Frohsinns“, sein kaltes europĂ€isches Intellektuellenherz verlieren. Hier das ewig Weibliche, in Gestalt einer jungen Kubanerin; dort der kĂ€segesichtige, ĂŒbergewichtige und sich seiner HĂ€sslichkeit schmerzlich bewusste deutsche Herrenmensch auf Ferienfahrt. Auf der TanzflĂ€che plötzlich die pure Magie der Körperlichkeit. Ausgerechnet beim „verhassten Salsa“ mutiert der steife Teutone zur geschmeidigen Raubkatze. Broschkus beginnt zu schwingen, aus ist es mit dem hochmĂŒtigen europĂ€ischen Blick, der ganzen Kultiviertheit. Der Instinkt war erwacht. Vergessen war Kristina, die eigene Frau. Broder Broschkus‘ Verwandlung hatte begonnen!

Auf mĂ€chtigen 730 Seiten schickt Politycki nun seinen buchstĂ€blich etwas blassen Protagonisten auf der Suche nach der unbekannten TĂ€nzerin mitten ins Herz der Finsternis. Als Kontrapunkt zu dieser schwarzmagischen Welt perfekt gesetzt, der hohe, steifleinene literarischeTon (Percussionisten heißen auf Kuba immer noch „Schlagwerker“, bitteschön!). Broschkus, einem unglĂ€ubig staunenden und stĂ€ndig um Fassung ringenden Forschungsreisenden gleich, taucht tief ein in die archaische Welt der magischen Zeichen, der afrokubanischen Gottheiten und blutigen Opferungsrituale. Wie seriös der Autor von seiner Vision vom Niedergang der westlichen Kultur infiziert ist, zeigt das angehĂ€ngte akribische Register der „wichtigsten Tiere, Personen, Heiligen und Götter“. Werden wir hier schon auf die Herren einer kĂŒnftigen Welt eingestimmt? DarĂŒber wird noch zu reden sein! --Ravi Unger
Quelle:




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